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Betreuungsrecht

Leseranfrage:

Meine vierundachtzigjährige verwitwete Mutter ist Eigentümerin einer Immobilie an der Algarve, wo sie bis Anfang diesen Jahres auch lebte. Im Januar 2016 reiste sie nach Deutschland, um sich dort einer Hüftoperation zu unterziehen. Ursprünglich war geplant, dass meine Mutter nach zehn Wochen wieder nach Portugal zurückkehren sollte. Sie beabsichtigte, ihr Anwesen in Portugal zu verkaufen und in Deutschland eine Eigentumswohnung zu erwerben. Jedoch zog sie sich im Krankenhaus eine schwere Infektionskrankheit zu, die sowohl ihr körperliches als auch ihr geistiges Wohlbefinden ganz erheblich beeinträchtigte und einen langen Klinikaufenthalt erforderte. Da meine Mutter aufgrund dieser Krankheit zunehmend geistig verwirrt war, wurde in Deutschland eine Berufsbetreuerin für meine Mutter bestellt, deren Aufgabenbereich u.a. die Regelung von vermögensrechtlichen Angelegenheiten, die Aufenthaltsbestimmung und die Gesundheitsfürsorge umfasst.
Ich selbst lebe in Nordportugal und bin das einzige Kind meiner Mutter. Eine Vorsorgevollmacht hat meine Mutter nicht erstellt. Auch hat sie mir keine Vollmachten für den Verkauf ihres Anwesens in Portugal erteilt. Dieses soll jedoch wie geplant veräußert werden, da wir hoffen, dass meine Mutter eine Wohnung in einem Seniorenheim erwerben kann.
Antwort:

Durch eine Betreuung nach deutschem Recht soll eine hilfsbedürftige erwachsene Person Unterstützung durch einen Betreuer erhalten, der ihre Angelegenheiten in einem gerichtlich genau bestimmten Aufgabenkreis rechtlich besorgt.

Die rechtliche Betreuung ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 1896 bis 1908 i geregelt. Voraussetzung für die Bestellung eines Betreuers durch das
Betreuungsgericht ist gemäß § 1896 Absatz 1 Satz 1 BGB, dass ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder
seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann.

Die verfahrensrechtlichen Vorschriften in Betreuungssachen sind in den §§ 271 bis 311 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geregelt. Hier wird beispielsweise in § 303 Absatz 2 bestimmt, dass das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung des Betreuungsgerichts im Interesse des Betroffenen dessen Ehegatten oder Lebenspartner, wenn sie nicht dauernd getrennt leben, sowie den Eltern, Großeltern, Pflegeeltern, Abkömmlingen und Geschwistern des Betroffenen sowie einer Person seines Vertrauens zusteht, wenn sie im ersten Rechtszug beteiligt worden sind. Es ist daher wichtig, dass ein Angehöriger aus diesem privilegierten Personenkreis, wenn er nicht von Amts wegen zu dem Verfahren hinzugezogen wird, durch Stellung eines entsprechenden Antrags seine Verfahrensbeteiligung erreicht, um erforderlichenfalls eine Überprüfung der im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidung durch das Beschwerdegericht erzwingen zu können.

Da die Bestellung eines Betreuers einen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte darstellt, ist dringend anzuraten rechtzeitig vorausschauend für den Fall der eventuell später eintretenden Betreuungsbedürftigkeit, einer Person seines Vertrauens mit einer Vorsorgevollmacht die Wahrnehmung einzelner oder aller Angelegenheiten zu übertragen. Mit der Vorsorgevollmacht bevollmächtigt nach deutschem Recht der Vollmachtgeber eine andere Person, im Falle einer Notsituation alle oder bestimmte Aufgaben für ihn zu erledigen. Die so bevollmächtigte Person kann dann, wenn dieser Fall eintritt, handeln, ohne dass es weiterer Maßnahmen bedarf. Die Einschaltung eines Gerichts ist dann nicht erforderlich.

Das Betreuungsrecht in Portugal unterscheidet sich erheblich von der im BGB geregelten rechtlichen Betreuung. Auch ist im portugiesischen Recht eine Vorsorgevollmacht nicht spezifisch geregelt; vielmehr kann eine Generalvollmacht erteilt werden, wobei jedoch die entsprechenden Vorschriften des portugiesischen Rechts eingehalten werden müssen. Hier ist zu beachten, dass
die bevollmächtigte Person nur in Angelegenheiten handeln darf, die in der Vollmacht ausdrücklich benannt sind. Es empfiehlt sich daher, in der Vollmacht genau zu bezeichnen, wozu diese im Einzelnen ermächtigen soll.

Da eine Vollmacht grundsätzlich dem Recht des Landes unterliegt, wo das Rechtsgeschäft durchgeführt und die Vollmacht vorgelegt werden soll, sind Vollmachten, die nach deutschem Recht errichtet wurden, in Portugal häufig vollständig oder teilweise unwirksam.

Ein Nebeneinander von Vollmachten und Betreuung sollte grundsätzlich vermieden werden, da es zu Konflikten führen kann, wenn die bevollmächtige
Person und der Betreuer nicht dieselbe Person ist.

Da in Ihrem Fall eine Immobilie in Portugal veräußert werden soll, muss für die Durchführung dieses Rechtsgeschäfts zunächst eine entprechende Vollmacht der Betreuerin nach portugiesischem Recht vorgelegt werden, sofern sie nicht selbst bei der Beurkundung des Verkaufsvertrags anwesend ist.

Für Verfügungen über Grundstücke oder über ein Recht an einem Grundstück bedarf die Betreuerin jedoch der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Die Veräußerung der Immobilie Ihrer Mutter in Portugal könnte daher unter Vorlage einer von der Betreuerin erteilten Vollmacht unter der Bedingung der Genehmigung dieses Verkaufs durch das Betreuungsgericht erfolgen. Üblicherweise wird diese Bedingung im Grundbuch vermerkt und gelöscht, sobald die Genehmigung des Beteuungsgerichts vorgelegt wird.



Eingestellt am 04.06.2019 von S.Gress
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