<< Welches nationale Recht anwendbar ist,... rnationale Privatrecht | Änderungen des deutschen Erbrechts ab 1. Januar 2010 >> |
Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrages
Leseranfrage:
Im Jahre 1991 habe ich ein urbanes Hausgrundstück als Alterssitz für mich in der Nähe von Tavira erworben und lebe dort seit meiner Pensionierung. Auf meinem Grundstück befindet sich ein vom Verkäufer erbautes Haus. Vor einiger Zeit ist der ehemalige Eigentümer meines Grundstücks, ein Portugiese, zu dem ich ein sehr gutes Verhältnis habe und der auf dem Nachbargrundstück wohnt, schwer erkrankt und liegt seitdem im Krankenhaus. Nun erhielt ich ein Schreiben eines von seinen Kindern beauftragten Rechtsanwalts aus Lissabon, mit welchem behauptet wird, dass der Grundstückskaufvertrag von 1991 nichtig sei, weil bei der notariellen Beurkundung des Kaufvertrages dem Notar seinerzeit keine Bewohnbarkeitsbescheinigung vorgelegt worden sei. Insoweit muss ich einräumen, dass in der Kaufvertragsurkunde eine Bewohnbarkeitsbescheinigung nicht erwähnt ist und ich eine solche auch nicht besitze. Ich werde in dem Anwaltsschreiben, dem auch eine Vollmacht des ehemaligen Eigentümers beigefügt ist, aufgefordert, mein Grundstück gegen Rückzahlung des damals verhältnismäßig geringen Kaufpreises zurückzugeben. Ist das rechtens?Antwort:
Aufgrund eines 1985 erlassenen und 1990 geänderten Gesetzes können keine notariellen Urkunden mehr errichtet werden, welche die Übertragung eines bebauten Grundstücks (prédio urbano) zum Gegenstand haben, ohne dass vor dem Notar hinreichender Nachweis über die Eintragung ins Grundbuch und das Vorliegen der entsprechenden Bau- oder Nutzungsgenehmigung erbracht wird, was in der notariellen Urkunde auch stets anzugeben ist.Bei einem Wohnhaus spricht man anstatt von einer Nutzungsgenehmigung auch von einer Bewohnbarkeitsbescheinigung, welche von der Baubehörde der Kreisverwaltung (Câmara Municipal) ausgestellt wird.
Da es sich bei Ihrem Grundstück um ein Hausgrundstück (prédio urbano) handelt und dem Notar eine Bewohnbarkeitsbescheinigung bei der Beurkundung des Kaufvertrags im Jahre 1991 unstreitig nicht vorlag, wurde der Kaufvertrag unter Verstoß gegen diese gesetzliche Vorschrift abgeschlossen.
Die portugiesische Rechtsprechung hat festgestellt, dass diese gesetzliche Bestimmung, wonach in den notariellen Urkunden bei bebauten Grundstücken stets das Vorliegen der Bau- oder Nutzungsgenehmigung erwähnt werden muss, zwingenden Charakter hat. Diese Vorschrift wurde seinerzeit maßgeblich eingeführt, um illegale Bebauungen zu verhindern.
Gemäß Artikel 294 des Codigo Civil (CC) sind Rechtsgeschäfte, die im Widerspruch zu zwingenden gesetzlichen Bestimmungen abgeschlossen werden, nichtig. Ihr Kaufvertrag von 1991 ist somit tatsächlich nichtig, zumal eine Bewohnbarkeitsbescheinigung damals nicht nur nicht vorgelegt wurde, sondern überhaupt nicht existiert. Die Nichtigkeit eines Kaufvertrages hat rückwirkende Kraft, wobei alles, was geleistet worden ist, zurückzuerstatten ist. Gemäß Artikel 286 CC kann die Nichtigkeit jederzeit von jedem Interessierten geltend gemacht werden oder von Amts wegen vom Gericht festgestellt werden.
Trotzdem ist Ihre rechtliche Situation glücklicherweise nicht hoffnungslos, da die Nichtigkeit des Grundstückskaufvertrages von 1991 einem Eigentumserwerb des Hausgrundstücks durch Ersitzung (usucapião) nach portugiesischem Recht nicht entgegensteht. Die Ersitzung von Immobilien ist im Codigo Civil in den Artikeln 1293 CC fortfolgende geregelt und hat ebenfalls rückwirkende Kraft.
In Ihrem Falle kommt eine Ersitzung in entsprechender Anwendung des Artikels 1296 CC in Betracht. Diese Bestimmung regelt zwar nur die Ersitzung bei Fehlen der Eigentumsregistrierung im Grundbuch, findet aber auch bei einer Registrierung aufgrund eines nichtigen Kaufvertrags Anwendung, wie es in Ihrem Falle geschehen ist.
Die Ersitzungsfrist beträgt bei gutem Glauben des Besitzers nach dieser Vorschrift fünfzehn Jahre und ist in Ihrem Falle gegeben.
Damit eine Ersitzung eintritt ist jedoch erforderlich, dass sie gerichtlich oder außergerichtlich von demjenigen geltend gemacht wird, dem sie zugute kommt.
Eingestellt am 31.12.2009
Trackback