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Annahme und Ausschlagung der Erbschaft nach portugiesischem Recht

Leseranfrage:
Meine Mutter, deutsche Staatsangehörige, ist vor Kurzem in Portugal verstorben.
Sie lebte seit über zwanzig Jahren im Alentejo und besaß eine Aufenthaltserlaubnis (Residência); ein Testament hat sie nicht hinterlassen. Sie war Inhaberin einer kleinen Firma, die sie von meinem Vater geerbt hatte; möglicherweise ist der Nachlass meiner Mutter überschuldet.

Ich habe Ihren Artikel „Der überschuldete Nachlass – Haftungsbeschränkungen nach deutschem Recht“ ( siehe ESA 05/2017, S.44) gelesen. Im Erbfall meiner Mutter ist jedoch portugiesisches Erbrecht anzuwenden, weshalb für mich die Rechtslage nach portugiesischem Recht massgeblich ist. Wie muss ich mich verhalten?


Antwort:
Da Ihre Mutter ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Portugal hatte, ist aufgrund der seit 17. August 2015 geltenden Europäischen Erbrechtsverordnung auf den Erbfall Ihrer Mutter portugiesisches Erbrecht anzuwenden. Die Anwendung portugiesischen Erbrechts bedeutet, dass sich auch die im Zusammenhang mit dem Erbfall ergebenden Fragen, wie die Annahme oder die Ausschlagung der Erbschaft, nach portugiesischem Recht richten.

Da Ihre Mutter kein Testament hinterlassen hat, richtet sich die Erbfolge nach den Vorschriften des Código Civil.

Nach portugiesischem Recht muss der Erbe die Erbschaft im Gegensatz zum deutschen Recht annehmen. Im deutschen Recht geht die Erbschaft als Ganzes unmittelbar und von selbst mit dem Tode des Erblassers kraft Gesetzes auf den oder die Erben über; man spricht insoweit von einem „Vonselbsterwerb“.

Die nach portugiesischen Recht erforderliche Annahme ist eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie kann durch eine ausdrückliche schriftliche oder mündliche Erklärung oder auch stillschweigend erfolgen. Eine stillschweigende Annahme erfolgt beispielsweise durch die Inbesitznahme und Nutzung von Nachlassgegenständen, wie der Bezug einer Immobilie oder die Nutzung eines Kraftfahrzeugs. Die Absicht, eine Erbschaft anzunehmen, muss jedenfalls deutlich zum Ausdruck gebracht werden. Das Eigentum und der Besitz am Nachlassvermögen geht erst mit der Annahme auf den oder die Erben über.

Die Erklärung der Erbschaftsannahme ist unwiderruflich und das Recht auf Annahme verjährt mit Ablauf von zehn Jahren ab Kenntnis der Erbberechtigung.

Grundsätzlich haftet der Erbe nach portugiesischem Recht nur mit dem Nachlassvermögen und nicht mit seinem persönlichen Vermögen, wie im deutschen Erbrecht.

Der Nachlass haftet für die Schulden des Erblassers, die Nachlassverbindlichkeiten (Beerdigungskosten, Verwaltung und Auflösung des Erbes) und für die Erfüllung der Vermächtnisse, falls solche vom Erblsser in seinem Testament ausgesetzt wurden.

Der Erbe kann die Erbschaft in einfacher Form oder unter dem Vorbehalt des Inventars annehmen. Durch die Annahme unter dem Vorbehalt des Inventars kann der Erbe eine klare Haftungsbeschränkung auf den Nachlass bewirken.

Durch diese Art der Annahme wird ein gerichtliches Inventarerrichtungsverfahren eingeleitet, in dessen Rahmen der Umfang des Nachlasses durch das Gericht festgestellt wird. Die Gläubiger können in diesem Verfahren das Vorhandensein weiterer Nachlassgegenstände beweisen.

In diesem Verfahren wird durch die Inventarerrichtung also gerichtlich festgestellt, welche Gegenstände zum Nachlass gehören.

Sind mehrere Erben vorhanden, wird der Nachlass in dem Inventarerrichtungsverfahren geteilt. Jeder Erbe haftet nach der Teilung für die Schulden entsprechend seinem Anteil am Nachlass.

Wie oben dargelegt, haftet der Erbe nach portugiesischem Recht grundsätzlich nur mit dem Nachlass. Wird kein gerichtliches Inventarerrichtungsverfahren durchgeführt, so muss der Erbe beweisen, dass der Nachlass nicht zur Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten und Erblasserschulden ausreicht.

Wie ebenfalls dargelegt, muss der Erbe nach portugiesischem Recht die Erbschaft annehmen und braucht sie daher nicht auszuschlagen. Gleichwohl ist die Erbausschlagung in den Art. 2062 bis 2067 des Código Civil geregelt.

Die Erbausschlagung muss in der Form erfolgen, die für die Veräusserung der Erbschaft vorgeschrieben ist. Es reicht eine mündliche oder schriftliche Erklärung aus. Lediglich bezüglich der Nachlassgegenstände, für deren Veräusserung die öffentliche Form vorgeschrieben ist, muss auch die Ausschlagung in öffentlicher Form erfolgen.

Die Ausschlagung ist nur bezüglich der gesamten Erbschaft möglich und ist wie die Erbschaftsannahme unwiderruflich und kann weder unter einer Bedingung noch einer Befristung erfolgen. Die Annahme unter Vorbehalt wird nicht als Bedingung angesehen.

Sowohl die Annahme der Erbschaft als auch die Ausschlagung können wegen Täuschung und Zwang angefochten werden, die Annahme darüberhinaus wegen einfachen Irrtums.

Das Gericht kann dem Erben, der nicht innerhalb von 15 Tagen nach Kenntnis seiner Erbberechtigung die Erbschaft annimmt oder ausschlägt eine amtliche Mitteilung zustellen lassen, damit er in einer bestimmten Frist erklärt, ob er die Erbschaft annimmt oder ausschlägt. Schlägt er innerhalb der gesetzten Frist nicht aus, so gilt die Erbschaft als angenommen.



Eingestellt am 27.03.2020 von S.Gress
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