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Erfüllung von Vermächtnissen aus einem deutschen Testament in Portugal

Leseranfrage:

Meine Mutter ist Anfang diesen Jahres verstorben und hat ein erhebliches Immobilienvermögen in Deutschland und Portugal hinterlassen. In den in Portugal gelegenen Teil des Nachlasses fallen u.a. ein Villengrundstück an der Algarve und eine in Nordportugal gelegene Quinta, die aus verschiedenen Ländereien und Gebäuden besteht. Da meine Mutter ihren gewöhlichen Aufenthalt in den letzten Jahren in Deutschland hatte, ist auf ihren Erbfall deutsches Erbrecht anzuwenden. Sie hat ein umfangreiches, von einem deutschen Notar beurkundetes Testament hinterlassen, in dem sie sowohl ihren als Erben eingesetzten Kindern als auch ihren Enklen sowie weiteren Verwandten zahlreiche Vermächtnisse, insbesondere Miteigentumsanteile an den Immobilien sowie Nießbrauchsrechte zugewendet hat. Meine Mutter hat mich als ihren ältesten Sohn als Testamentsvollstrecker eingesetzt und ich stehe nun vor der fast unlösbar erscheinenden Aufgabe, die Erbauseinandersetzung in Portugal durchzuführen.

Antwort:

Gemäß § 1939 des Bürgerlichen Gesetzbuches kann ein Erblasser durch Testament einem anderen, ohne ihn als Erben einzusetzen, einen Vermögensvorteil zuwenden. Möglicher Gegenstand eines Vermächtnisses kann alles sein, was Inhalt einer Leistung sein kann, also Immobilien sowie Miteigentumsanteile von Immobilien und bewegliche Sachen, aber auch Rechte, wie Nutzungsrechte, Nießbrauchsrechte, Wohnrechte, Urheberrechte, Renten oder GmbH-Anteile oder auch Sachgesamtheiten wie Handelsgeschäfte, ferner Forderungsrechte im weitesten Sinne, auch Erlaß einer Schuld.

Das Vermächtnis fällt grundsätzlich mit dem Erbfall an, d.h. der Vermächtnisanspruch entsteht regelmäßig mit dem Tode des Erblassers. Der zugewandt Vermögensvorteil geht nach deutschem Recht jedoch nicht mit dem Anfall des Vermächtnisses von selbst in das Vermögen des Vermächtnisnehmers über. Der Bedachte erhält lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Erfüllung des Vermächtnisses gegen den Beschwerten; dieser ist in der Regel Erbe, es kann aber auch ein anderer Vermächtnisnehmer sein.
Das Vermächtnis kann auch unter einer Bedingung oder unter einer Auflage ausgesetzt werden. Bei der Höhe des Vermächtnisses ist der Erblasser nicht beschränkt.

Das Vermächtnis (Legato) ist im portugiesischen Recht in den Art. 2249 bis 2280 des Código Civil ähnlich wie im deutschen Recht geregelt.

Der Vermächtnisnehmer hat auch im portugiesischen Recht ebenfalls keine Erbenstellung.

Anders als im deutschen Recht wird der Bedachte im portugiesischen Recht jedoch unmittelbar mit dem Erbfall Eigentümer der ihm vermachten Sache; er erlangt also nicht nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Beschwerten wie im deutschen Erbrecht, sondern er hat einen direkten dinglichen Anspruch aufgrund seines ihm unmittelbar zugefallenen Eigentums gegen den Erben, den Testamentsvollstrecker oder gegenüber Dritten auf Herausgabe, ohne dass es noch eines Erfüllungsgeschäfts bedarf.

Diesen Umstand kann man sich bei Nachlassabwicklungen in Portugal zunutze machen.

Für die Umschreibung registrierter Nachlassgegenstände in Portugal nach einem Erbfall, also Immobilien, Kraftfahrzeuge, Boote, Bankkonten, Kapitalanlagen und Gesellschaftsanteile, muss die Erbschaftsteuererklärung sowie der Erbschein, aus dem sich die Erbfolge ergibt, vorgelegt werden. Für ausländische Erblasser, die Vermögen in Portugal hinterlassen, kann ein Erbschein nach portugiesischem Recht erlangt werden. Im Falle eines deutschen Erblassers kann jedoch auch ein Erbschein eines deutschen Nachlassgerichts vorgelegt werden. In deutschen Erbscheinen werden lediglich die Erben festgestellt; Vermächtnisse oder sonstige letztwillige Verfügungen des Erblassers werden im Erbschein nicht erwähnt.

Im portugiesischen Erbschein werden ebenfalls nur die Erben festgestellt; es wird in der Regel zwar erwähnt, dass der Erblasser Vermächtnisse ausgesetzt hat, ohne diese jedoch inhaltlich wiederzugeben. Der exakte Inhalt der Vermächtnisse ergibt sich aus dem Testament und kann aufgrund der oben geschilderten Besonderheit im portugiesischen Erbrecht direkt aufgrund des Testaments in der Praxis umgesetzt werden. Es bedarf also keines aufwendigen und kostenträchtigen Erbteilungsverfahrens (partilha), in dessen Rahmen die mit den Vermächtnissen ausgesetzten Vermögensgegenstände im Einzelnen zugeteilt werden.

Das bedeutet in Ihrem Fall, dass die Vermächtnisse, welche die Übertragung von gesamten Immobilien, Miteigentumsanteilen an Immobilien, Nießbrauchsrechten oder dinglichen Wohnrechten an die Bedachten anordnen, vom portugiesischen Grundbuchamt direkt aufgrund der Vorlage des entsprechenden Testaments umgesetzt werden.

Dies bedeutet vorliegend, dass ein Erbschein nach portugiesischem oder deutschem Recht, die Erbschaftsteuererklärung sowie das in die portugiesische Sprache übersetzte und mit einer Apostille versehenen Testament Ihrer Mutter dem Grundbuchamt vorgelegt werden muss, um die Eintragung der Vermächtnisnehmer im Grundbuch zu bewirken.



Eingestellt am 04.06.2019 von S.Gress
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