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Das Geschiedenentestament

Leseranfrage: Ich bin seit zwei Jahren von meiner Ehefrau geschieden, die mit unserem gemeinsamen achtjährigen Sohn in Deutschland lebt. Meine geschiedene Ehefrau ist erheblich jünger als ich, sodass im Normalfall davon auszugehen ist, dass sie mich überlebt.

Ich besitze Immobilien in Portugal und Deutschland und möchte verhindern, dass meine geschiedene Ehefrau im Falle meines Todes als Vermögensverwalterin unseres minderjährigen Sohnes oder im Falle dessen Todes als Erbin oder Pflichtteilsberechtigte indirekt an meinem Nachlass beteiligt wird und somit von meinem Vermögen erneut profitiert.

Wie kann ich das durch eine letztwillige Verfügung erreichen?


Antwort: Nach der Ehescheidung besteht kein Ehegattenerbrecht mehr (siehe ESA 01/21 S. 34). Jedoch kann der überlebende geschiedene Ehegatte indirekt zum Erbe oder Vermögenverwalter über den Nachlass des verstorbenen geschiedenen Ehegatten werden, wenn gemeinsame minderjährige Kinder vorhanden sind.

Verstirbt ein Elternteil, so hat der überlebende Elternteil das alleinige Sorgerecht für das Kind und somit auch das Recht zur Vermögenverwaltung über den Nachlass des verstorbenen geschiedenen Ehegatten bis zur Volljährigkeit des Kindes.

Stirbt das Kind vor dem überlebenden geschiedenen Ehegatten, dann erbt der überlebende geschiedene Ehegatte das gesamte Vermögen des Kindes und damit auch das Vermögen des verstorbenen geschiedenen Ehegatten, soweit es noch im Nachlass des Kindes vorhanden ist und sofern das Kind keine eigenen Kinder hat und auch nicht verheiratet ist. 

Das Geschiedenentestament soll dies verhindern und muss folgende Anforderungen erfüllen:

• Der Nachlass des erstversterbenden Elternteils darf nicht zum anderen überlebenden Elternteil gelangen;
• der überlebende Elternteil darf nicht die Vermögenssorge über das ererbte Vermögen haben, solange das Kind noch minderjährig ist;
• falls der überlebende Elternteil pflichtteilsberechtigt ist, weil sein Kind ihn durch letztwillige Verfügung von der Erbschaft ausgeschlossen hat, darf sein Pflichtteil nicht mit aus dem Nachlass des erstversterbenden Elternteils errechnet werden.
In der Erbrechtspraxis haben sich zwei Testamentsgestaltungen herausgebildet, welche die unerwünschte Teilhabe des anderen Elternteils am Nachlass des zuerst Versterbenden verhindern.

Bei der sogenannten „Nacherbfolgelösung“ wird das eigene Kind als Vorerbe eingesetzt, und dessen Kinder oder sonstige Verwandte aus der eigenen Familie zu Nacherben.
Bei der Vor- und Nacherbschaft handelt es sich es sich um eine gestufte Erbeinsetzung, bei welcher der Nacherbe gemäß dem Willen des Erblassers die  Erbschaft erst dann erhält, wenn zunächst ein anderer, der Vorerbe, Erbe geworden ist. Damit ist das ererbte Vermögen gebunden; im Erbfall wird das Kind also Vorerbe, was bedeutet, dass der Nachlass zum Sondervermögen wird. Verstirbt das Kind, so geht dieses Sondervermögen direkt auf den vom Erblasser bestimmten Nacherben über und nicht auf den überlebenden geschiedenen Ehegatten.
Bei Eintritt des Nacherbfalls erhält der Nacherbe den Nachlass als Erbe des Erblassers, nicht des Vorerben. Auf diese Weise kann der Erblasser die Richtung des Vermögensflusses bestimmen.
Die Vorerbschaft unterliegt jedoch gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen. Der Vorerbe kann das Sondervermögen zwar nutzen, aber nicht darüber verfügen.
Die Nachteile der Verfügungsbeschränkungen bei der Vor- und Nacherbschaft werden bei der sogenannten „Vermächtnislösung“ vermieden.
Bei dieser Alternativlösung ordnet der Erblasser ein Herausgabevermächtnis an. Ein Vermächtnis besteht in der Zuwendung eines Vermögensvorteils durch Testament, ohne den Bedachten als Erben einzusetzen. Der Bedachte hat nur einen Anspruch  auf Verschaffung des Zugewendeten, also das Recht, die Erfüllung dieses Anspruchs von dem mit dem Vermächtnis Beschwerten zu fordern. Gegenstand eines Vermächtnisses kann die Zuwendung beliebiger Vermögenswerte sein,
Das Kind wird bei dieser Testamentsgestaltung zunächst als Vollerbe eingesetzt und unterliegt als solcher keinen Beschränkungen; es kann über die Erbschaftsgegenstände verfügen, sogar Schenkungen vornehmen.
Die Erbschaft ist jedoch mit einem Herausgabevermächtnis belastet. Mit dem Tod des Kindes wird ein Vermächtnis gegenüber dessen Erben am gesamten noch vorhandenen Nachlass des erstversterbenden Elternteils fällig. Das Vermächtnis steht unter der Bedingung, dass der überlebende geschiedene Ehegatten noch lebt. Wem das Vermächtnis zukommen soll, kann wiederum der Erblasser bestimmen, so wie er den Nacherben bestimmen kann.
Falls der überlebende Elternteil pflichtteilsberechtigt ist, weil sein Kind ihn durch letztwillge Verfügung von der Erbschaft ausgeschlossen hat, wird bei der Ermittlung des Nachlasses des Kindes und der Höhe des Pflichtteils sowohl das Herausgabevermächtnis als auch das Vorerbenvermögen abgezogen, sodass der überlebende geschiedene Ehegatte auch in diesem Fall nicht vom Vermögen des verstorbenen geschiedenen Ehegatten profitiert.
Wie bereits dargestellt hat der überlebende Elternteil die Vermögenssorge und damit auch die Verwaltung des ererbten Vermögens als Teil des Sorgerechts über das minderjährige Kind inne.

Nach § 1638 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches erstreckt sich die Vermögenssorge nicht auf das Vermögen, welches das Kind von Todes wegen erwirbt, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung bestimmt hat, dass die Eltern das Vermögen nicht verwalten sollen. Auf diese Weise kann der Erblasser dem überlebenden Elternteil im Testament für den Nachlass die Vermögenssorge entziehen. Gleichzeitig sollte er als Vermögenverwalter eine Person seines Vertrauens bestimmen, die das Erbe für das Kind bis zur Volljährigkeit verwaltet.


Eingestellt am 10.04.2023 von S.Gress
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