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Das Behindertentestament nach deutschem Recht
Leseranfrage:
Meine Ehefrau und ich beabsichtigen, ein gemeinschaftliches Ehegattentestament nach deutschem Recht zu errichten. Wir leben in Portugal und haben drei Kinder. Eines unserer Kinder ist wegen einer geistigen Behinderung in einem Heim in Deutschland untergebracht. Die Heimkosten werden größtenteils vom dort örtlich zuständigen Sozialhilfeträger aufgebracht. Uns ist daran gelegen, unserem behinderten Kind Vermögen so zu vererben, dass es davon profitiert und sein Erbe nicht dazu verwenden muss, um die Heimkosten zu bezahlen. Was müssen wir bei der Testamentserrichtung beachten?
Meine Ehefrau und ich beabsichtigen, ein gemeinschaftliches Ehegattentestament nach deutschem Recht zu errichten. Wir leben in Portugal und haben drei Kinder. Eines unserer Kinder ist wegen einer geistigen Behinderung in einem Heim in Deutschland untergebracht. Die Heimkosten werden größtenteils vom dort örtlich zuständigen Sozialhilfeträger aufgebracht. Uns ist daran gelegen, unserem behinderten Kind Vermögen so zu vererben, dass es davon profitiert und sein Erbe nicht dazu verwenden muss, um die Heimkosten zu bezahlen. Was müssen wir bei der Testamentserrichtung beachten?
Antwort:
Werden für ein behindertes Kind Sozialhilfeleistungen, beispielsweise für eine Heimunterbringung erbracht, wird gemäß § 88 Bundessozialhilfegesetz zunächst der Einsatz des eigenen Vermögens des Kindes gefordert. Dies umfaßt auch Schenkungen und Erbschaften. Nur in geringem Umfang bleibt „Schonvermögen“ ausgenommen. Stehen größere Vermögenswerte, wie etwa bei Erbschaften zur Übertragung an, besteht die Gefahr der Überleitung dieses Vermögens auf den Sozialhilfeträger nach § 90 Bundessozialhilfegesetz, der damit die von ihm verauslagten Sozialhilfeleistungen begleicht. Das Vermögen wird hierbei unter Umständen vollständig verbraucht, ohne dass das behinderte Kind einen Vorteil davon hat.
Das Behindertentestament ist nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt und unterscheidet sich formal nicht von anderen Arten von Testamenten. Das Behindertentestament kann daher auch in der Form eines gemeinschaftlichen Ehegattentestaments errichtet werden. Inhaltlich sind Behindertentestamente jedoch regelmäßig komplex und juristisch kompliziert. Deshalb sollte sich, wer ein Behindertentestament errichten will, fachkundig beraten lassen.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Behindertentestament die wirksamste und sicherste Möglichkeit zur Versorgung und Absicherung von behinderten Familienangehörigen.
Der BGH räumt den Eltern eines behinderten Kindes seit seinem Grundsatzurteil aus dem Jahre 1993 ausdrücklich die Möglichkeit ein, das Erbe ihres behinderten Kindes über ein Behindertentestament vor dem Zugriff des Sozialhilfeträgers zu schützen. Der teilweise erhobene Vorwurf der angeblichen Sittenwidrigkeit und Unwirksamkeit des Behindertentestaments wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung weitgehend zurückgewiesen.
Eine Einschränkung macht der BGH jedoch wenn die Eltern ein beträchtliches Vermögen hinterlassen und der Pflichtteil des behinderten Kindes so hoch wäre, dass es daraus, oder nur aus den Erträgen, seine Versorgung sicherstellen könnte. In derartigen Fällen, in denen sehr hohe Vermögen am Sozialstaat vorbeigeleitet werden, kann ein Behindertentestament sittenwidrig und damit unwirksam sein.
Das klassische Behindertentestament hat folgende Struktur:
Anders als beim gemeinschaftlichen Ehegattentestament, bei dem sich die Ehegatten in der Regel zunächst als alleinige Erben gegenseitig einsetzen, wird im Behindertentestament eine Erbeinsetzung des behinderten Kindes sowohl bereits beim erstversterbenden Elternteil als auch für den Schlusserbfall beim Versterben des zweiten Elternteils verfügt.
Das behinderte Kind wird dabei in der Höhe eines Erbteils, der deutlich über seinem gesetzlichen Pflichtteil liegen muss, zum sogenannten nichtbefreiten Vorerben eingesetzt. Diese Erbeinsetzung ist erforderlich, da ansonsten der Sozialhilfeträger gegenüber dem überlebenden Ehegatten den Pflichtteilsanspruch geltend machen könnte.
Gemäß § 2100 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Erblasser einen Vor- und einen Nacherben einsetzen: “Der Erblasser kann einen Erben in der Weise einsetzen, dass dieser erst Erbe wird, nachdem zunächst ein anderer Erbe geworden ist (Nacherbe)“. Ist in einer letztwilligen Verfügung eine solche Vor- und Nacherbfolge bestimmt, fällt beim Tod des Erblassers die Erbschaft zunächst beim Vorerben an. Mit dem Eintritt des Nacherbfalls fällt dann das Vermögen, das der Vorerbe vom Erblasser bekommen hat, dem Nacherben an; der Vorerbe ist quasi lediglich Erbe auf Zeit. Dem nichtbefreiten Vorerben gebühren aufgrund gesetzlicher Beschränkungen lediglich die Nutzungen und die Fruchtziehung des Vermögens, die Substanz hat er für den Nacherben zu erhalten.
In Ihrem Falle könnten Sie und Ihr Ehegatte sich beispielsweise zu je zu einem Viertel des Nachlasses als Erben einsetzen und Ihr behindertes Kind jeweils mit einem Erbteil, der höher als sein gesetzlicher Pflichtteil ist und die beiden anderen Kinder zu gleichen Teilen des verbleibenden Vermögens.
Dieser Erbteil des behinderten Kindes kann im Gegensatz zum Pflichtteil durch die Anordnung von Vorerbschaft geschützt werden. Die gesetzlichen Beschränkungen sorgen dafür, dass die Substanz des Nachlasses für den Nacherben erhalten bleibt. Der Sozialhilfeträger kann auf das Vorerbe mangels dessen Verwertbarkeit nicht zugreifen.
Als Nacherbe im Falle des Todes Ihres behinderten Kindes könnten der länstlebende Elternteil und ersatzweise Ihre beiden anderen Kinder eingesetzt werden.
Des Weiteren wird zu Gunsten Ihres behinderten Kindes Dauertestamentsvollstreckung auf Lebenszeit angeordnet. Testamentsvollstrecker kann der längstlebende Ehegatte sein
Die Einrichtung einer Dauertestamentsvollstreckung für das behinderte Kind als Vorerben sichert eine ordnungsgemäße Verwaltung und Nutzung des Vorerbes. Dabei sollte der Testamentsvollstrecker genaue Anweisungen erhalten, um dem behinderten Kind aus den Früchten des Vorerbes großzügig Annehmlichkeiten zukommen zu lassen, die vom Sozialhilfeträger nicht übernommen werden. Dies kann beispielsweise durch erhöhtes Taschengeld, regelmäßige Geschenke zu Feiertagen oder die Finanzierung von Urlaub und Kuraufenthalten, Musik- und Reitunterricht geschehen. Auch kann eine Einzelzimmerunterbringung angeordnet werden, für die der Sozialhilfeträger regelmäßig nicht aufkommt.
Werden für ein behindertes Kind Sozialhilfeleistungen, beispielsweise für eine Heimunterbringung erbracht, wird gemäß § 88 Bundessozialhilfegesetz zunächst der Einsatz des eigenen Vermögens des Kindes gefordert. Dies umfaßt auch Schenkungen und Erbschaften. Nur in geringem Umfang bleibt „Schonvermögen“ ausgenommen. Stehen größere Vermögenswerte, wie etwa bei Erbschaften zur Übertragung an, besteht die Gefahr der Überleitung dieses Vermögens auf den Sozialhilfeträger nach § 90 Bundessozialhilfegesetz, der damit die von ihm verauslagten Sozialhilfeleistungen begleicht. Das Vermögen wird hierbei unter Umständen vollständig verbraucht, ohne dass das behinderte Kind einen Vorteil davon hat.
Das Behindertentestament ist nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt und unterscheidet sich formal nicht von anderen Arten von Testamenten. Das Behindertentestament kann daher auch in der Form eines gemeinschaftlichen Ehegattentestaments errichtet werden. Inhaltlich sind Behindertentestamente jedoch regelmäßig komplex und juristisch kompliziert. Deshalb sollte sich, wer ein Behindertentestament errichten will, fachkundig beraten lassen.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Behindertentestament die wirksamste und sicherste Möglichkeit zur Versorgung und Absicherung von behinderten Familienangehörigen.
Der BGH räumt den Eltern eines behinderten Kindes seit seinem Grundsatzurteil aus dem Jahre 1993 ausdrücklich die Möglichkeit ein, das Erbe ihres behinderten Kindes über ein Behindertentestament vor dem Zugriff des Sozialhilfeträgers zu schützen. Der teilweise erhobene Vorwurf der angeblichen Sittenwidrigkeit und Unwirksamkeit des Behindertentestaments wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung weitgehend zurückgewiesen.
Eine Einschränkung macht der BGH jedoch wenn die Eltern ein beträchtliches Vermögen hinterlassen und der Pflichtteil des behinderten Kindes so hoch wäre, dass es daraus, oder nur aus den Erträgen, seine Versorgung sicherstellen könnte. In derartigen Fällen, in denen sehr hohe Vermögen am Sozialstaat vorbeigeleitet werden, kann ein Behindertentestament sittenwidrig und damit unwirksam sein.
Das klassische Behindertentestament hat folgende Struktur:
Anders als beim gemeinschaftlichen Ehegattentestament, bei dem sich die Ehegatten in der Regel zunächst als alleinige Erben gegenseitig einsetzen, wird im Behindertentestament eine Erbeinsetzung des behinderten Kindes sowohl bereits beim erstversterbenden Elternteil als auch für den Schlusserbfall beim Versterben des zweiten Elternteils verfügt.
Das behinderte Kind wird dabei in der Höhe eines Erbteils, der deutlich über seinem gesetzlichen Pflichtteil liegen muss, zum sogenannten nichtbefreiten Vorerben eingesetzt. Diese Erbeinsetzung ist erforderlich, da ansonsten der Sozialhilfeträger gegenüber dem überlebenden Ehegatten den Pflichtteilsanspruch geltend machen könnte.
Gemäß § 2100 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Erblasser einen Vor- und einen Nacherben einsetzen: “Der Erblasser kann einen Erben in der Weise einsetzen, dass dieser erst Erbe wird, nachdem zunächst ein anderer Erbe geworden ist (Nacherbe)“. Ist in einer letztwilligen Verfügung eine solche Vor- und Nacherbfolge bestimmt, fällt beim Tod des Erblassers die Erbschaft zunächst beim Vorerben an. Mit dem Eintritt des Nacherbfalls fällt dann das Vermögen, das der Vorerbe vom Erblasser bekommen hat, dem Nacherben an; der Vorerbe ist quasi lediglich Erbe auf Zeit. Dem nichtbefreiten Vorerben gebühren aufgrund gesetzlicher Beschränkungen lediglich die Nutzungen und die Fruchtziehung des Vermögens, die Substanz hat er für den Nacherben zu erhalten.
In Ihrem Falle könnten Sie und Ihr Ehegatte sich beispielsweise zu je zu einem Viertel des Nachlasses als Erben einsetzen und Ihr behindertes Kind jeweils mit einem Erbteil, der höher als sein gesetzlicher Pflichtteil ist und die beiden anderen Kinder zu gleichen Teilen des verbleibenden Vermögens.
Dieser Erbteil des behinderten Kindes kann im Gegensatz zum Pflichtteil durch die Anordnung von Vorerbschaft geschützt werden. Die gesetzlichen Beschränkungen sorgen dafür, dass die Substanz des Nachlasses für den Nacherben erhalten bleibt. Der Sozialhilfeträger kann auf das Vorerbe mangels dessen Verwertbarkeit nicht zugreifen.
Als Nacherbe im Falle des Todes Ihres behinderten Kindes könnten der länstlebende Elternteil und ersatzweise Ihre beiden anderen Kinder eingesetzt werden.
Des Weiteren wird zu Gunsten Ihres behinderten Kindes Dauertestamentsvollstreckung auf Lebenszeit angeordnet. Testamentsvollstrecker kann der längstlebende Ehegatte sein
Die Einrichtung einer Dauertestamentsvollstreckung für das behinderte Kind als Vorerben sichert eine ordnungsgemäße Verwaltung und Nutzung des Vorerbes. Dabei sollte der Testamentsvollstrecker genaue Anweisungen erhalten, um dem behinderten Kind aus den Früchten des Vorerbes großzügig Annehmlichkeiten zukommen zu lassen, die vom Sozialhilfeträger nicht übernommen werden. Dies kann beispielsweise durch erhöhtes Taschengeld, regelmäßige Geschenke zu Feiertagen oder die Finanzierung von Urlaub und Kuraufenthalten, Musik- und Reitunterricht geschehen. Auch kann eine Einzelzimmerunterbringung angeordnet werden, für die der Sozialhilfeträger regelmäßig nicht aufkommt.
Die Nacherbenanordnung hat zur Folge, dass der Staat selbst nach dem Tode des behinderten Kindes auf den dann noch verbleibenden Erbteil nicht zurückgreifen kann. Auch dies wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht als sittenwidrig eingeordnet.
Da Sie in Portugal leben, sollten Sie in Ihrem Testament eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts treffen.
Eingestellt am 27.03.2020 von S.Gress
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