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Vereinbarungen bei einer einvernehmlichen Ehescheidung

Leseranfrage:
Mein Ehemann und ich leben in Portugal und wir beabsichtigen, uns scheiden lassen. Wir sind beide deutsche Staatsangehörige und wir wollen wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt, Zugewinnausgleichsansprüche sowie auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichten.

Antwort:
Zunächst stellt sich die Frage, bei welchem Gericht die Scheidung durchgeführt werden kann.

Die internationale Zuständigkeit für Scheidungsverfahren in Europa ist in der EU-Verordnung Nr.2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 geregelt. In Artikel 3 Absatz 1 dieser Verordnung werden sieben verschiedene Zuständigkeiten eröffnet. Für Sie kommen zwei Zuständigkeitsmöglichkeiten in Betracht, und zwar die der Gerichte des Mitgliedstaates, “in dessen Hoheitsgebiet beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben“ sowie „dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten besitzen“. In Ihrem Falle ist somit die Zuständigkeit zweier unterschiedlicher Mitgliedsstaaten eröffnet, die des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts, also die der Gerichte in Portugal, und die der gemeinsamen deutschen Staatsangehörigkeit, also die der deutschen Gerichte.

Das Verfahren der einvernehmlichen Ehescheidung fällt in Portugal in die ausschließliche Zuständigkeit des Standesbeamten. Die Familiengerichte sind nur für streitige Scheidungsverfahren zuständig.

Jedoch sind die portugiesischen Standesämter nur dann international für die Ehescheidung zuständig, wenn mindestens einer der Ehegatten seinen Wohnsitz in Portugal hat, was durch eine Aufenthaltserlaubnis (Residência) nachgewiesen werden muss.

Die Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen kann nach portugiesischem Recht von den Ehegatten zu jeder Zeit beantragt werden. Die Angabe eines Scheidungsgrundes und die Einhaltung einer Mindesttrennungszeit vor der Scheidung sind nach portugiesischem Recht nicht erforderlich. Die scheidungswilligen Ehegatten müssen jedoch über den nachehelichen Unterhalt, den Kindesunterhalt, die Ausübung der elterlichen Sorge und die weitere Nutzung der ehelichen Wohnung Einigkeit erzielen. Die von den Ehegatten hierüber erzielten Vereinbarungen müssen mit dem Scheidungsantrag beim Standesamt eingereicht werden. Der Standesbeamte muss die von den Ehegatten vorgelegten Vereinbarungen daraufhin überprüfen, ob die Interessen des jeweiligen Ehegatten sowie gegebenenfalls die der Kinder ausreichend berücksichtigt wurden. Ist dies nicht der Fall, so kann der Standesbeamte Änderungsvorschläge unterbreiten. Der Scheidungsantrag sowie die einzureichenden Vereinbarungen bedürfen lediglich der einfachen Schriftform.

Das einvernehmliche Verfahren vor dem Standesamt ist kostengünstig und dauert in der Regel nur drei bis sechs Monate. Es ist lediglich ein gemeinsamer Termin vor dem Standesbeamten erforderlich; es besteht kein Anwaltszwang, jedoch lassen sich die Parteien in der Regel wegen der Formulierung des Scheidungsantrags und der erforderlichen Vereinbarungen anwaltlich vertreten.

Auslandsdeutsche, d.h. Deutsche, die in Deutschland keinen gewöhnlichen Aufenthalt mehr haben, können sich auch vor dem Amtsgericht Schöneberg in Berlin scheiden lassen.

Die weitere Frage, das Scheidungsrecht welchen Staates anwendbar ist, richtet sich nach der sog. ROM-III-Verordnung (EU) Nr. 1259/2010.
Danach können die Ehegatten das auf die Ehescheidung anzuwendende Recht durch Vereinbarung bestimmen, beispielsweise das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt. Die Rechtswahlvereinbarung kann jederzeit, spätestens jedoch zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts geschlossen oder geändert werden.
Sofern die Ehegatten keine Rechtswahl getroffen haben, bestimmt sich das anwendbare Recht nach den Regeln der ROM-III-Verordnung, wonach in erster Linie das  Recht  des  Staates, in  dem  die  Ehegatten  zum  Zeitpunkt der  Anrufung  des  Gerichts  ihren  gewöhnlichen  Aufenthalt haben, Anwendung findet.
Haben die Ehegatten beispielsweise das Trennungsjahr noch nicht hinter sich gebracht und wollen sich scheiden lassen, so können sie das portugiesische Recht wählen, wonach im Gegensatz zum deutschen Scheidungsrecht das Trennungsjahr nicht Voraussetzung für eine einvernehmliche Scheidung ist.
Wie bereits oben ausgeführt, müssen bei der einvernehmlichen Scheidung vor dem portugiesischen Standesamt sämtliche zwischen den Ehehatten zu treffenden Vereinbarungen zusammen mit dem Scheidungsanrag eingereicht werden.
Vor dem deutschen Familiengericht kann eine sogenannte Scheidungsfolgenvereinbarung im Scheidungsverfahren abgeschlossen werden, in der u.a. Regelungen über den nachehelicher Unterhalt, den Zugewinnausgleich und den Versorgungsausgleich getroffen werden können.
Haben die Ehegatten nicht bereits Vereinbarungen über die Scheidungsfolgen in einem Ehevertrag getroffen und wollen vor Einreichung des Scheidungsantrags eine Scheidungsfolgenvereinbarung treffen, so muss diese notariell beurkundet werden, insbesondere wenn Vereinbarungen über den nachehelichen Unterhalt, den Zugewinnausgleich und den Versorgungsausgleich getroffen werden sollen. Der Versorgungsausgleich ist nach deutschem Familienrecht der bei der Scheidung stattfindende Ausgleich der während der Ehezeit von den Ehegatten erworbenen Anwartschaften und Aussichten auf eine Versorgung wegen Alters oder verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die Vereinbarung der Ehegatten über denVersorgungsausgleich unterliegt der Inhalts-und Wirksamkeitskontrolle durch das Familiengericht. Unwirksam kann eine derartige Vereinbarung beispielsweise sein, wenn diese dazu führt, dass ein Ehegatte durch einen Verzicht nicht mehr über eine ausreichende Alterssicherung verfügt.



Eingestellt am 31.03.2020 von S.Gress
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