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Schwiegerkindhaftung beim Elternunterhalt nach deutschem Recht?

Leseranfrage:
Meine Schwiegermutter kommt demnächst in ein Pflegeheim. Da ihre Einkünfte und ihr verwertbares Vermögen nicht ausreichen werden, die Pflegeheimkosten zu bestreiten, wird das Sozialamt in Höhe der ungedeckten Pflegeheimkosten Hilfe zur Pflege nach dem Sozialgesetzbuch leisten müssen. Meine Ehefrau und ich sind beide berufstätig; wir sind im Güterstand der Gütertrennung verheiratet. Das Einkommen meiner Ehefrau ist erheblich geringer als mein Einkommen. Meine Frage ist nun, ob ich mit meinem Einkommen und meinem Vermögen zur Unterhaltszahlung für meine Schwiegermutter herangezogen werden kann.

Antwort:
Eine direkte Haftung gegenüber Schwiegereltern ist nach den gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland nicht vorgesehen. Nach § 1601 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. In gerader Linie verwandt sind gemäss § 1589 Satz 1 BGB Personen, deren eine von der anderen abstammt. Dies ist im Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrer Schwiegermutter nicht der Fall. Es stellt sich allerdings beim Elternunterhalt die Frage, inwieweit Schwiegerkinder indirekt an der Haftung des unterhaltspflichtigen Kindes und Ehepartners beteiligt sind.

Sofern das Sozialamt wegen ungedeckter Pflegeheimkosten Hilfe zur Pflege nach dem Sozialgesetzbuch leistet, sind die gesetzlich Unterhaltspflichtigen und ihre nicht getrennt lebenden Ehegatten verpflichtet, dem Träger der Sozialhilfe Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Der Unterhaltsberechtigte, also Ihre Schwiegermutter, hat einen gesetzlichen Anspruch auf Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse ihrer Tochter sowie deren Ehegatten. Dieser Auskunftsanspruch geht - ebenso wie gegebenenfalls ein Anspruch auf Elternunterhalt - auf den Sozialhilfeträger über.

Der eheliche Güterstand, in Ihrem Falle der Gütertrennung, hat keine Auswirkungen auf Elternunterhalt.

Bei der Berechnung des Einkommens Ihrer Ehefrau sind die ehelichen Verhältnisse nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch in gewisser Weise zu berücksichtigen:

Nach § 1360 BGB sind beide Ehegatten verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Dabei steht es den Ehegatten frei, ihre Ehe so zu führen, dass ein Partner allein einer Berufstätigkeit nachgeht und der andere sich der Familienarbeit widmet, ebenso wie sie sich dafür entscheiden können, beide einen Beruf ganz oder teilweise auszuüben und sich die Hausarbeit und Kinderbetreuung zu teilen.
Wie oben dargelegt, ist der Ehegatte gegenüber seinen Schwiegereltern eigentlich nicht unterhaltspflichtig, weil er nicht mit ihnen in gerader Linie verwandt ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für den Elternunterhalt jedoch auf das gesamte Familieneinkommen abzustellen.
 
Ist das unterhaltspflichtige Kind verheiratet, werden die Einkommen der Ehegatten daher zusammengerechnet und stellen das Familieneinkommen dar. 
Beim Elternunterhalt ist daher zunächst der Familienbedarf zu ermitteln.

Nach der von den deutschen Gerichten angewandten sogenannten Düsseldorfer Tabelle beträgt der Selbstbehalt beim Elternunterhalt 1.800,00 Euro für ein unverheiratetes unterhaltspflichtiges Kind und 3.240,00 Euro für ein verheiratetes unterhaltspflichtiges Kind und dessen Ehepartner.

Bei der Berechnung des Familienselbstbehalts werden für jeden Ehegatten 1.800,00 Euro angesetzt, insgesamt also 3.600,00 Euro. Die Haushaltsersparnis durch das gemeinsame Zusammenleben wird mit pauschal 10 % berechnet. Es verbleibt somit ein Familienselbstbehalt in Höhe von 3.240,00 Euro.
Dies bedeutet, dass bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Kindes das Gesamteinkommen der Eheleute herangezogen wird.
Wenn das unterhaltspflichtige Kind verheiratet ist und über kein eigenes Einkommen verfügt, hat es wie oben dargelegt einen Anspruch auf Familienunterhalt nach § 1360 BGB. Dieser Anspruch ist jedoch nicht auf die Gewährung eines Geldbetrages gerichtet, weshalb dieser Unterhaltsanspruch für den Elternunterhalt nicht zur Verfügung steht.

Wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte nichts und der andere Ehegatte gut verdient oder vermögend ist, muss der unterhaltspflichtige Ehegatte aus seinem Taschengeldanspruch gegenüber seinem Ehegatten einen Kostenbeitrag für die Heimunterbringung der Eltern zahlen.

Nach dieser Rechtsprechung muss das unterhaltspflichtige Kind einen Teil des ihm zur Verfügung stehenden Taschengeldes für den Elternunterhalt einsetzen, soweit dieses Geld nicht zur Bestreitung seines eigenen angemessenen Lebensstandards erforderlich ist. Dies ist dann der Fall, wenn das Einkommen des Ehegatten so hoch ist, dass der unterhaltspflichtige Ehegatte daraus angemessen unterhalten werden kann.

Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze für die Berechnung des für den Elternunterhalt einzusetzenden Betrages bei verheirateten unterhaltspflichtigen Kindern sind äusserst kompliziert und schwer verständlich und sollen daher hier nicht im Einzelnen dargestellt werden.

Hat zum Beispiel die unterhaltspflichtige Ehefrau ein Einkommen in Höhe von 1.600,00 Euro und der Ehemann ein Einkommen von 4.000,00 Euro, so beträgt das Familieneinkommen 5.600,00 Euro und der pauschale Familienselbstbehalt 3.240,00 Euro. Nach mehreren weiteren Rechenschritten ergibt sich ein für den Elternunterhalt einzusetzender Betrag in Höhe von 350,00 Euro.
Dieses Beispiel zeigt, dass auch das Einkommen der Schwiegerkinder bei der Elterunterhaltsberechnung erheblich ist und mittelbar zu einer Zahlungsverpflichtung des leiblichen Kindes führen kann. Bei entsprechend hohen Vermögens- und Einkommensverhältnissen des gut verdienenden Schwiegerkindes kommt also auch eine Inanspruchnahme des leiblichen Kindes in Betracht, obwohl dessen eigenes Einkommen unter dem Selbstbehalt von 1.800,00 Euro liegt.



Eingestellt am 28.03.2020 von S.Gress
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