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Neues Scheidungsrecht für Ehen mit Auslandsbezug

Leseranfrage:

Wir sind ein deutsches Ehepaar, leben als Residenten in Portugal und sind in Deutschland nicht mehr gemeldet. Wir beabsichtigen, uns scheiden zu lassen und haben uns beim portugiesischen Standesamt über die Voraussetzungen einer einvernehmlichen Ehescheidung erkundigt. Dort wurde uns mitgeteilt, dass es eine neue EU-Verordnung gäbe, aufgrund welcher für uns portugiesisches Scheidungsrecht anzuwenden sei. Ist das zutreffend?

Antwort:

Die sog. ROM-III-Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 ist am 21.06.2012 in Kraft getreten und regelt das anwendbare Scheidungsrecht in Fällen, in denen eine Verbindung zu dem Recht verschiedener Staaten vorliegt. Gegenstand dieser Verordnung ist ausschließlich das in Scheidungs- und Trennungssachen anwendbare Internationale Privatrecht, das insoweit die nationalen Regelungen des Internationalen Privatrechts der teilnehmenden EU-Staaten ersetzt.

In den Erwägungen des Rates der Europäischen Union wird zu den Motiven der Verordnung u. a. ausgeführt, dass die Verordnung einen klaren, umfassenden Rechtsrahmen im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung anzuwendenden Rechts in den teilnehmenden Mitgliedstaaten vorgeben soll und den Bürgern in Bezug auf Rechtssicherheit, Berechenbarkeit und Flexibilität sachgerechte Lösungen garantieren und Fälle verhindern soll, in denen ein Ehegatte alles daran setzt, die Scheidung zuerst einzureichen, um sicherzugehen, dass sich das Verfahren nach einer Rechtordnung richtet, die seine Interessen seiner Ansicht nach besser schützt.

Bisher galten für die Frage, welches nationale Scheidungsrecht bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt anzuwenden ist, die autonomen Regelungen des deutschen Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB). Diese werden nun obsolet und für den Bereich der Ehescheidung von der Rom-III-Verordnung abgelöst.
Bisher war Art. 17 EGBGB anwendbar, um zu bestimmen, welchem nationalen Recht die Scheidung unterliegt, nämlich dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören oder während der Ehe zuletzt angehörten, wenn einer von ihnen diesem Staat noch angehört, sonst dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, hilfsweise dem Recht des Staates, mit dem die Ehegatten auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden sind.
In erster Linie maßgeblich war bisher also die Staatsangehörigkeit beider Ehegatten. Nur nachrangig wurde auf das Recht des Aufenthaltsstaates abgestellt.
An die Stelle dieser Regelung tritt nun Art. 8 der Rom-III-Verordnung, wonach anzuwendendes  Scheidungsrecht ist, sofern die Ehegatten keine Rechtswahl getroffen haben,
a)  das  Recht  des  Staates, in  dem  die  Ehegatten  zum  Zeitpunkt der  Anrufung  des  Gerichts  ihren  gewöhnlichen  Aufenthalt haben,  oder 
b)  das  Recht  des  Staates,  in  dem  die  Ehegatten  zuletzt  ihren gewöhnlichen  Aufenthalt  hatten,  sofern  dieser  nicht  vor mehr  als  einem  Jahr  vor  Anrufung  des  Gerichts  endete und  einer  der  Ehegatten  zum  Zeitpunkt  der  Anrufung  des Gerichts dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder
c)  das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehe­gatten  zum  Zeitpunkt  der  Anrufung  des  Gerichts  besitzen, oder 
d)  das  Recht  des  Staates  des  angerufenen  Gerichts.
Nicht mehr die Staatsangehörigkeit der Ehegatten ist also primär entscheidend, sondern deren gewöhnlicher Aufenthalt.
Des Weiteren sind die Möglichkeiten einer Rechtswahlvereinbarung nach Art. 5 Abs. 1 der Rom-III-Verordnung erheblich erweitert worden. Die Ehegatten können nun jederzeit wählen
a) das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, oder
b) das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen zum Zeitpunkt der Rechtswahl dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder
c) das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt, oder
d) das Recht des Staats des angerufenen Gerichts.



Eingestellt am 23.07.2013 von S.Gress
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