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Unklarheiten bei der gesetzlichen Erbfolge im deutschen Erbrecht

Leseranfrage:
Meine Ehefrau ist vor Kurzem verstorben. Wir haben keine Kinder und meine Schwiegerelten sind bereits vor lägerer Zeit verstorben. Wir haben keine Testamente gemacht, weil wir davon ausgingen, dass bei einem kinderlosen Ehepaar im Falle des erstversterbenden Ehegatten, dessen Eltern auch bereits verstorben sind, der überlebende Ehegatte Alleinerbe würde. Wir waren im Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet und auf den Nachlass meiner verstorbenen Ehefrau ist deutsches Erbrecht anwendbar.

Nun hat sich jedoch die Schwester meiner verstorbenen Ehefrau, mit der wir seit Langem keinerlei Kontakt mehr pflegten, über einen Rechtsanwalt gemeldet und behauptet, ihr stehe ein Viertel des Nachlasses ihrer Schwester zu. In den Nachlass meiner Ehefrau fällt u.a. ein Mietshaus in Deutschland und der hälftige Miteigentumsanteil unseres Ferienhauses an der Algarve. Meine Schwägerin verlangt, mit ihrer Erbquote in das jeweilige Grundbuch in Deutschland und Portugal eingetragen zu werden.

Sind die Forderungen meiner Schwägerin berechtigt?


Antwort:
Die gesetzliche Erbfolge, die im Bürgelichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 1924 bis 1936 geregelt ist, kommt dann zur Anwendung, wenn der Erblasser keine Verfügung von Todes wegen, also kein Testament und keinen Erbvertrag hinterlassen hat, oder wenn diese unwirksam sind.
Gesetzliche Erben sind die Verwandten und der überlebende Ehegatte des Erblassers, nicht hingegen erbberechtigt sind Verschwägerte.
Häufig wird von kinderlosen Ehepaaren angenommen, dass bei ihnen der überlebende Ehegatte Alleinerbe werde. Das ist jedoch nicht der Fall.

Im BGB werden die Verwandten jeweils einer bestimmten Erbordnung zugeordnet:
Zu den Erben der ersten Ordnung gehören die Abkömmlinge des Erblassers, also seine Kinder, einschließlich der nichtehelichen und der adoptierten Kinder, seine Enkel und Urenkel usw.
Zu den Erben der zweiten Ordnung gehören die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, also die Geschwister des Erblassers sowie seine Neffen und Nichten usw.
Zu den Erben der dritten Ordnung gehören die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, also Onkel, Tante, Cousin und Cousine usw.
Zu den Erben der vierten Ordnung gehören die Urgroßeltern und deren Abkömmlinge, also Großonkel und Großtanten usw. Entferntere Voreltern des Erblassers und deren Abkömmlinge gehören zu den ferneren Ordnungen
Für die gesetzliche Erbfolge gilt das Prinzip, dass die Verwandten einer näheren Ordnung die Verwandten einer entfernteren Ordnung von der Erbfolge ausschließen. Ist also ein Kind oder Enkelkind vorhanden, so kommen die Eltern und Geschwister des Erblassers erbrechtlich nicht zum Zuge.
Innerhalb einer Ordnung gilt das Repräsentationsprinzip. Danach schließt ein zur Zeit des Erbfalls lebender Verwandter alle durch ihn mit dem Erblasser verwandten Personen aus. Hat der Erblasser beispielsweise einen Sohn und Enkel, so schließt der überlebende Sohn den durch ihn mit dem Erblasser verwandten Enkel aus.
Leben zur Zeit des Erbfalls noch beide Eltern des kinderlosen Erblassers, so erben deren Kinder, also die Geschwister des Erblassers nichts. Lebt nur noch ein Elternteil, bekommt dieser die Hälfte, und der Rest wird auf die Abkömmlinge des verstorbenen Elternteils aufgeteilt.
War der Erblasser verheiratet, so erhält der überlebende Ehegatte den gesetzlichen Ehegattenerbteil. Der restliche Nachlass wird in diesem Fall dann entsprechend dem gesetzlichen Erbrecht verteilt.
In § 1931 BGB ist das gesetzliches Erbrecht des Ehegatten geregelt. Danach ist der überlebende Ehegatte des Erblassers neben Verwandten der ersten Ordnung, also den Abkömmlingen des Erblassers, zu einem Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung, also den Eltern des Erblassers und deren Abkömmlingen, oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen.
Gemäß dieser Vorschrift fällt dem überlebenden Ehegatten des kinderlosen Erblassers somit zunächst die Hälfte der Erbschaft zu.
Die Höhe des Erbteils des Ehegatten hängt jedoch darüber hinaus vom ehelichen Güterstand zum Zeitpunkt des Erbfalls ab. Bestand zum Zeitpunkt des Erbfalls der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft, so erhöht sich der Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein weiteres Viertel.
Da Sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet waren und Verwandte der ersten Ordnung nicht vorhanden sind, erben Sie neben den Verwandten der zweiten Ordnung die Hälfte des Nachlasses und das weitere Viertel wegen der Zugewinngemeinschaft, also insgesamt drei Viertel des Nachlasses Ihrer verstorbenen Ehefrau.
Der restliche Nachlass fällt an die Verwandten der zweiten Ordnung. Da beide Eltern Ihrer verstorbenen Ehefrau nicht mehr leben, kommt deren Abkömmling, im vorliegenden Fall die Schwester Ihrer Ehefrau zum Zuge.
Sie erbt tatsächlich das restliche Viertel des Nachlasses und bildet mit Ihnen als Miterbin kraft Gesetzes eine Erbengemeinschaft. Bei der Erbengemeinschaft wird der ungeteilte Nachlass gemeinschaftliches Vermögen aller Miterben mit allen Rechten und Pflichten. Daher sind die Miterben aufeinander angewiesen, denn sie können den Nachlass nur gemeinsam verwalten und über ihn auch nur gemeinsam verfügen. Das birgt erheblichen Konfliktstoff.
Jeder Miterbe ist nur berechtigt, über seinen gesamten Erbteil zu verfügen. Den anderen Miterben steht dann ein Vorkaufsrecht zu. Dagegen ist es nicht zulässig, dass ein Miterbe über seinen Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen verfügt. Der einzelne Miterbe hat insoweit nur die Möglichkeit, die Teilung des Nachlasses im Ramen einer Erbauseinandersetzung zu verlangen.
Es bleibt festzustellen, dass der überlebende Ehegatte bei der gesetzlichen Erbfolge nur dann Alleinerbe wird, wenn weder Verwandte der ersten und der zweiten Ordnung und auch keine Großeltern vorhanden sind.



Eingestellt am 16.04.2020 von S.Gress
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