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Gütertrennung als zwingender ehelicher Güterstand im portugiesischen Recht

Leseranfrage:

Ich bin deutsche Staatsangehörige und seit elf Jahren mit meinem portugiesischen Ehemann verheiratet. Wir haben in Bragança die Ehe geschlossen, wo die Familie meines Ehemannes herstammt und wo auch die Hochzeitsfeier stattfand. Mein Ehemann war bei der Eheschließung bereits 62 Jahre alt und damals bei einer Firma in Hamburg als leitender Angestellter tätig. Nach unserer Eheschließung zogen wir in die Wohnung meines Ehemannes in Hamburg.

Nach der Pensionierung meines Ehemannes sind wir nach Portugal an die Algarve gezogen. Seit einem halben Jahr leben wir getrennt. Vor kurzer Zeit erhielt ich von dem Anwalt meines Mannes einen Brief, in dem mitgeteilt wird, dass mein Ehemann die Scheidung wünscht und dass mir keinerlei Vermögensansprüche gegen meinen Ehemann zustünden, da wir im ehelichen Güterstand der Gütertrennung leben würden. Zum Beweis hierfür fügte der Anwalt dem Schreiben eine Kopie unserer Heiratsurkunde vom Standesamt Bragança (Conservatória do Registo Civil de Bragança) bei, aus der sich ergibt, dass wir im „zwingenden Güterstand der Gütertrennung“ („regime imperativo de separação de bens“) verheiratet seien. Mein Ehemann hat beim vorzeitigen Ausscheiden aus seiner Firma eine hohe Abfindung erhalten und sich zudem mit 65 seine zwei Lebensversicherungen auszahlen lassen.
In der Heiratsurkunde ist als Anschrift meines Ehemannes die Anschrift des Anwesens seiner Familie in Bragança angegeben und für mich meine damalige Anschrift in Deutschland. Auf Anfrage beim Conservatória wurde mir mitgeteilt, dass wir im zwingenden Güterstand der Gütertrennung verheiratet seien, weil mein Ehemann zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits sein 60. Lebensjahr vollendet hatte. Ist dies richtig?

Antwort:

Das portugiesische Familienrecht geht im Ehegüterrecht wie das deutsche Recht grundsätzlich von der Vertragsfreiheit aus. So finden sich im Código Civil zum ehelichen Güterrecht zunächst die Regelungen über die Eheverträge und darauf die zum gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft sowie zu weiteren Wahlgüterständen, dem Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft und dem Güterstand der Gütertrennung. Im portugiesischen Recht ist jedoch im Gegensatz zum deutschen Güterrecht sowohl der einmal durch Ehevertrag vereinbarte Güterstand als auch der gesetzliche Güterstand grundsätzlich unwandelbar, d. h. der zu Beginn der Ehe begründete Güterstand muss während der gesamten Ehe mit wenigen gesetzlichen Ausnahmen beibehalten werden.

Gemäß Artigo 1720 des portugiesischen Código Civil ist jedoch die Gütertrennung in zwei Fällen als zwingender Güterstand gesetzlich vorgeschrieben: Zum Einen bei der sog. Noteheschließung, wenn die Ehe ohne vorheriges Aufgebot geschlossen wurde, zum Anderen falls einer der Ehegatten bei der Eheschließung bereits sein 60. Lebensjahr vollendet hat, wie in Ihrem Fall. Diese für deutsches Rechtsempfinden ungewöhnliche Gesetzesvorschrift dient ersichtlich der Wahrung der wirtschaftlichen Interessen der Erben.

Nun ist im portugiesischen Internationalen Privatrecht in Artigo 53 des Código Civil geregelt, welcher eheliche Güterstand bei gemischt nationalen Ehen Anwendung findet. Danach richten sich die Eheverträge und der gesetzliche oder vereinbarte eheliche Güterstand nach dem gemeinsamen Heimatrecht der Eheschließenden zum Zeitpunkt der Eheschließung. Haben die Eheschließenden nicht dieselbe Staatsangehörigkeit, ist das Recht ihres gemeinsamen gewöhnlichen Wohnortes zum Zeitpunkt der Eheschließung anwendbar, und wenn dieser ebenfalls fehlt, das Recht des ersten ehelichen Wohnortes.

Das deutsche Internationalen Privatrecht hat insoweit im Ergebnis dieselben Regelungen.

Da Ihr erster ehelicher Wohnsitz in Hamburg war, ist in Ihrem Falle deutsches Recht auf den ehelichen Güterstand in Ihrer Ehe anzuwenden. Somit sind Sie im gesetzlichen Güterstand der deutschen Zugewinngemeinschaft verheiratet und haben im Falle Ihrer Ehescheidung Anspruch auf Durchführung des Zugewinnausgleichs.

Da in Ihrem Fall in der Heiratsurkunde des Conservatória do Registo Civil de Bragança jeweils verschiedene Anschriften der Eheschließenden in zwei verschiedenen Ländern angegeben wurden, hätte der Standesbeamte die Frage des ehelichen Güterstandes offen lassen müssen, da er nicht wußte, wo Ihr erster gemeinsamer Wohnsitz nach der Eheschließung sein würde, oder er hätte Sie hierzu ausdrücklich befragen müssen.

In Ihrem Falle ist die Eintragung in der Heiratsurkunde, dass Sie im zwingenden Güterstand der Gütertrennung verheiratet seien, daher falsch. Falls Ihr Ehemann nicht freiwillig akzeptieren sollte, dass Sie im gesetzlichen Güterstand der deutschen Zugewinngemeinschaft verheiratet sind, müssen Sie versuchen, dies im Rahmen Ihres Ehescheidungsverfahrens vor dem Familiengericht durchsetzen.

Stellt sich das Problem der Unrichtigkeit der Heiratsurkunde außerhalb eines gerichtlichen Scheidungsverfahrens, so kommen auch Verfahren zur Berichtigung der falschen Angabe in der Heiratsurkunde vor dem Standesamt in Betracht.



Eingestellt am 04.06.2019 von S.Gress
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