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Die neue europäische Güterrechtsverordnung

Leseranfrage:
Ich bin deutsche Staatsangehörige und lebe in Portugal. Mein Verlobter ist Portugiese und wir beabsichtigen, in diesem Jahr zu heiraten. Nun habe ich gehört, dass neue europäische Regelungen für das eheliche Güterrecht in Kraft treten und die Ehegatten danach die Möglichkeit einer Rechtswahl haben. Welche Möglichkeiten haben wir aufgrund dieser neuen europäischen Regelungen?

Antwort:
Der Rat der Europäischen Union hat bereits am 24.6.2016 die Verordnung (EU) 2016/1103 (EuGüVO) zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands verabschiedet.
Zeitgleich erließ der Rat mit der Verordnung (EU) 2016/1104 eine Verordnung über die güterrechtlichen Wirkungen eingetragener Lebenspartnerschaften.
Gemäß Art. 70 der beiden in weiten Teilen übereinstimmenden EU-Verordnungen  gelten diese als unmittelbar anwendbares Recht in allen EU­Mitgliedstaaten mit Ausnahme des Vereinigten Königreiches sowie von Irland, Dänemark, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, der Slowakei und Ungarn, weil sich nicht alle EU­Mitgliedstaaten, insbesondere im Hinblick auf die Behandlung eingetragener Partnerschaften, auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen konnten.
Die beiden EU-Verordnungen enthalten Regelungen zur Bestimmung des anwendbaren Rechts und der internationalen Zuständigkeit von Gerichten sowie zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und verdrängen damit weitestgehend die nationalen Bestimmungen.
Die EU-Verordnung 2016/1103 (EuGüVO) regelt für alle Ehen, die nach dem 29. Januar 2019 geschlossen werden, welches nationale Recht für Fragen des ehelichen Güterrechts anwendbar ist. Dies ist relevant für Ehepartner mit unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten oder wenn sich der erste gemeinsame Wohnsitz nach der Eheschließung im Ausland befindet. In diesen Fällen sollten die Eheleute prüfen, ob das aufgrund der EuGüVO bestimmte anwendbare Recht ihren Interessen entspricht und erforderlichenfalls eine davon abweichende Rechtswahl treffen. Auch bereits vor dem 29. Januar 2019 verheiratete Eheleute können entsprechend den Regelungen der EuGüVO eine Rechtswahl für das auf ihre Ehe anzuwendende Güterrecht treffen.

Der sachliche Anwendungsbereich der EuGüVO umfasst Fragen des ehelichen Güterstandes. Gemäß Art. 3 Abs. 1 a) EuGüVO sind dies „sämtliche vermögensrechtlichen Regelungen, die zwischen den Ehegatten und in ihren Beziehungen zu Dritten aufgrund der Ehe oder Auflösung der Ehe gelten“

Anhand der EuGüVO ist das anwendbare Ehegüterrecht, das sogenannte „Güterrechtsstatut“ zu bestimmen. Das Güterrechtsstatut gibt vor, nach welchem nationalen Recht sich eine Ehe mit Auslandsberührung richtet, wenn also die Ehegatten verschiedene Staatangehörigkeiten haben. Hierunter fallen insbesondere die Befugnisse, Rechte und Pflichten eines oder beider Ehegatten in Bezug auf das Vermögen, also auch etwaige Verfügungsbeschränkungen aufgrund des Güterstandes, die Haftung eines Ehegatten für Schulden des Anderen und vor allem die Beendigung des ehelichen Güterstandes sowie die Teilung, Aufteilung oder Abwicklung des ehelichen Vermögens.

Die wichtigsten Regelungen der EuGüVO betreffen die Zuständigkeit und die Bestimmungen zur Ermittlung des anwendbaren Rechts (Güterrechtsstatut):  
Gemäß Artikel 26 Absatz1 EuGüVO unterliegt der eheliche Güterstand dem Recht des Staates,
(a) in dem die Ehegatten nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben, oder anderenfalls
(b) dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung besitzen, oder anderenfalls
(c) mit dem die Ehegatten unter Berücksichtigung aller Umstände zum Zeitpunkt der Eheschließung gemeinsam am engsten verbunden sind.
Das nach dieser Grundregel zu bestimmende Güterstatut ist unwandelbar.
Wie bereits erwähnt, eröffnet die EuGüVO den Ehegatten jedoch die Möglichkeit, das auf die güterrechtlichen Verhältnisse ihrer Ehe anzuwendende Recht zu wählen. Nach Art. 22 Abs. 1 EuGüVO können die Ehegatten oder künftigen Ehegatten das auf ihren ehelichen Güterstand anzuwendende Recht durch Vereinbarung bestimmen oder ändern, sofern es sich dabei um das Recht eines der folgenden Staaten handelt:
(a) das Recht des Staates, in dem die Ehegatten oder künftigen Ehegatten oder einer von ihnen zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren/seinen gewöhnlichen Aufenthalt haben/hat, oder
(b) das Recht eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten oder künftigen Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt.“
Bei Ehegatten mit mehreren Staatsangehörigkeiten ist das Recht jeder Staatsangehörigkeit wählbar.
Indem die EuGüVO ausdrücklich auch künftigen Ehegatten eine Rechtswahl erlaubt, ist klar, dass Verlobte bereits in einem Ehevertrag vor Eheschließung eine Wahl betreffend das künftig auf ihren Güterstand anwendbare Recht treffen können. Auch nach der Eheschließung können die Ehegatten das anwendbare Güterrecht durch eine (erneute) Rechtswahl ändern oder eine einmal getroffene Rechtswahl aufheben. Wenn die Ehegatten nichts anderes vereinbaren, hat nach Art. 22 Abs. 2 EuGüVO eine während der Ehe getroffene Rechtswahl nur Wirkung für die Zukunft.
Die Rechtswahl muss in schriftlicher Form erfolgen. Zusätzlich sind – abhängig vom gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten – die Formvorschriften für Vereinbarungen über den ehelichen Güterstand des Aufenthaltsstaates zu beachten, bei gemeinsamem gewöhnlichem Aufenthalt in ein und demselben Mitgliedstaat dessen Formvorschriften – in Deutschland beispielsweise also das Erfordernis der notariellen Beurkundung.

Sie können also bereits zum jetzigen Zeitpunkt eine Rechtswahl zugunsten des portugiesischen oder des deutschen Rechts treffen, wobei Sie die Formvorschriften des betreffenden Staates beachten müssen.



Eingestellt am 30.03.2020 von S.Gress
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