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Ausschluss des Ehegattenerbrechts durch ein Scheidungsverfahren

Leseranfrage:

Mein Vater, deutscher Staatsangehöriger, ist Anfang dieses Jahres nach langer Krankheit in Portugal verstorben. Meine Stiefmutter und zweite Ehefrau meines Vaters hatte sich Ende 2009 von meinem Vater getrennt und ist nach Deutschland zurückgekehrt, wo sie bei einem deutschen Familiengericht die Scheidung ihrer Ehe beantragt hat. Ich bin das einzige Kind meines Vaters und habe seit der Trennung von seiner Ehefrau mit ihm zusammen in seinem Haus an der Algarve gewohnt und ihn in dieser Zeit auch gepflegt. Auf den Scheidungsantrag seiner Ehefrau hat mein Vater auf Anraten seines Rechtsanwalts in Deutschland in dem Scheidungsverfahren aus erbrechtlichen Gründen einen eigenen Scheidungsantrag gestellt. Er hat kein Testament gemacht, da er davon ausging, dass seine Ehefrau nicht mehr erben würde, sondern vielmehr ich als sein einziges Kind im Falle seines Todes Alleinerbin sein würde.
Die Ehefrau hat ihren Scheidungsantrag noch vor dem Tode meines Vaters zurückgenommen und nach seinem Tode beim zuständigen Nachlassgericht in Deutschland einen Erbschein beantragt, wonach sie die Hälfte des Nachlasses meines Vaters erben sollte. Das Nachlassgericht hat diesem Antrag stattgegeben und einen entsprechenden Erbschein mit der Begründung ausgestellt, das Erbrecht der Ehefrau sei nicht ausgeschlossen, da ihr der Scheidungsantrag meines Vaters seinerzeit nicht förmlich vom Familiengericht zugestellt worden sei. Ist das richtig?

Antwort:

Wenn Ihr Vater mit seiner Ehefrau im Güterstand der Zugewinngemeinschaft oder der Gütertrennung gelebt hat, steht der Ehefrau beim Tode ihres Ehegatten neben einem Abkömmling grundsätzlich einhalb des Nachlasses zu.

Jedoch bestimmt § 1933 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), dass das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ausgeschlossen ist, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.

Das Erbrecht des Ehegatten ist grundsätzlich an den Bestand der Ehe zum Zeitpunkt des Erbfalls gebunden. Ist die Ehe rechtskräftig geschieden, ist das Ehegattenerbrecht erloschen. Der Bestimmung des § 1933 BGB liegt der Gedanke zugrunde, dass es nicht vom Zufall abhängen soll, ob der Erblasser noch den Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils erlebt und sein Ehegatte daraufhin sein Ehegattenerbrecht verliert, wenn bereits ein Scheidungsverfahren beim Familiengericht rechtshängig ist.

Formelle Voraussetzungen für den Ausschluss des Ehegattenerbrechts sind, dass der Erblasser den Scheidungsantrag vor seinem Tode gestellt hat und dieser rechtshängig geworden ist. Rechtshängigkeit tritt nach der deutschen Zivilprozessordnung erst dann ein, wenn der Scheidungsantrag dem Antragsgegner förmlich vom Gericht zugestellt worden ist, nicht jedoch schon mit Einreichung des Antrags bei Gericht.

Im Falle Ihres Vaters hat die Ehefrau und Antragstellerin ihren Scheidungsantrag vor dem Tode Ihres Vaters zurückgenommen. Damit hat sie das Scheidungsverfahren beendet, sodass die wesentliche Voraussetzung für die Anwendung des § 1933 BGB, nämlich das Bestehen eines rechtshängigen Scheidungsverfahrens zum Zeitpunkt des Erbfalls, nicht vorlag. Der eigene Scheidungsantrag Ihres Vaters hätte die Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens jedoch aufrechterhalten, wenn dem Familiengericht nicht der folgenschwere Fehler der Unterlassung der förmlichen Zustellung dieses Scheidungsantrags Ihres Vaters an die Ehefrau unterlaufen wäre.

Die Zustimmung Ihres Vaters zum Scheidungsantrag seiner Ehefrau ist dem Gericht gegenüber offenbar auch nicht in prozessual wirksamer Form erklärt worden, sodass die Voraussetzungen für den Ausschluss des Ehegattenerbrechts
vorliegend tatsächlich nicht gegeben sind.

Zu prüfen bleibt jedoch, ob der zuständige Familienrichter nach den Grundsätzen der Haftung bei Amtspflichtverletzung auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden kann, da er die förmliche Zustellung des von Ihrem Vater gestellten Scheidungsantrags an dessen Ehefrau nicht angeordnet und dadurch eine ihm obliegende Amtspflicht verletzt hat.



Eingestellt am 16.05.2013 von S.Gress
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